Imbach Logistik – Alle haben eine Chance verdient
Je mehr Deutsch und Mathe, desto schulmüder wurde Samuel Banz. Bis im Frühling war er Schüler. Seit August ist er ein vollwertiger Mitarbeiter bei der Imbach Logistik AG in Schachen LU. «Ich habe mich auf den Start gefreut und fühle mich im Team sehr wohl.» Dennoch war es für den 16-Jährigen kein einfacher Wechsel. Die Schulbank wurde abgelöst von körperlicher Arbeit, verantwortungsvollen Aufgaben und einer neuen Weckzeit: 5 Uhr.
Jobcoach als Drehscheibe
Es war der Start in ein neues Leben, eng begleitet von der Stiftung Brändi. Samuel Banz hat Lernschwierigkeiten. Sich zu konzentrieren fällt ihm schwer. Strukturen und Planung bereiten ihm Mühe. Priska Wyss ist Jobcoach bei der Stiftung Brändi und begleitet Jugendliche wie Samuel Banz in die Berufswelt. Sie hält alle Fäden zusammen, nimmt Bedürfnisse entgegen und vermittelt zwischen allen Beteiligten. «Ich erhielt von der IV den Auftrag abzuklären, in welchen Berufen und auf welchem Niveau für Samuel eine Ausbildung möglich ist», erklärt Priska Wyss. Samuel Banz wünschte dort zu schnuppern, wo sein Vater arbeitet: bei der Imbach Logistik AG. Priska Wyss nahm Kontakt mit dem Unternehmen auf und stiess auf offene Ohren. «Samuel durfte bereits vor Ende der offiziellen Schulzeit an zwei Tagen pro Woche mitarbeiten und war von Anfang an sehr motiviert.»
Realistisches Ziel gesetzt
Samuel Banz hat Potenzial. Das erkannte auch Benedict Tschopp, Leiter Logistik bei Imbach: «Die Schnupperzeit hat uns darin bestärkt, dass Samuel Banz die zweijährige Ausbildung zum Praktiker PrA Logistik erfolgreich abschliessen kann. Wir waren uns alle einig, dass dies ein realistisches und machbares Ziel ist.» Anfangs August startete die Ausbildung. Bereits nach zwei Wochen stand die Deichselgeräteprüfung an, die der junge Lernende erfolgreich absolvierte. «Seither ist er mit dem Gerät fast verwachsen», sagt Tschopp anerkennend. Tatsächlich kommt Samuel Banz richtig in Fahrt, wenn er auf dem Trittbrett des Deichselgeräts steht und damit Lastwagen be- und entlädt. Zentimetergenau fährt er die Paletten an. «Das ist nicht einfach, macht mir aber grosse Freude», sagt Banz. Weitere aktuelle Aufgaben sind das Bedienen der Folienpressmaschine oder das Sortieren von Sendungen.
Fortschritte durch Coaching
Der 16-Jährige ist gefordert. Geschick und Konzentration sind gefragt, es gilt Vorschriften und Regeln einzuhalten. Samuel Banz lernt täglich am Arbeitsplatz, in der Berufsschule und im Austausch mit Jobcoach Priska Wyss: «Wir arbeiten an Punkten wie Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Da braucht es noch Coaching.» Dies bestätigt Benedict Tschopp, freut sich aber gleichzeitig über die Fortschritte seines Logistiklernenden: «Die ersten Erfahrungen sind gut. Da wo Samuel Banz ausgebildet ist, können wir ihn voll und ganz einsetzen.»
Soziale Verantwortung
Was motiviert ein Unternehmen wie Imbach einen Lernenden mit Defiziten einzustellen? «Als einer der grössten Arbeitgeber in der Region wollen wir eine soziale Verantwortung wahrnehmen und Menschen wie Samuel Banz eine Chance geben», sagt Christian Kempter-Imbach, CEO der Imbach Logistik AG. Das gehe nicht immer. «Aber wenn wir eine Möglichkeit sehen und gemeinsam der Ansicht sind, dass der Mitarbeitende reüssieren kann, machen wir das gerne. Was wir nicht wollen, ist eine Scheinbeschäftigung. Das ist dem Mitarbeitenden gegenüber nicht fair.» Das Unternehmen war sich bei der Einstellung bewusst, dass für die Begleitung von Samuel Banz etwas mehr Ressourcen nötig sind als bei anderen Lernenden. Dies müsse sich ein Unternehmen bewusst sein und entsprechend einplanen, damit die Ausbildung eines Lernenden mit einem Defizit für alle ein Gewinn ist.
Wille ist entscheidend
Für CEO Christian Kempter-Imbach sind vor allem zwei andere Punkte entscheidend für den Erfolg: «Wir können einen Mitarbeitenden anlernen und ein motivierendes Umfeld bereitstellen. Das einzige, was wir ihm nicht geben können, ist der Wille zu arbeiten und seine Arbeit sorgfältig zu erledigen. Der Wille ist das Wichtigste – das muss der Mitarbeitende selbst mitbringen. Zudem müssen wir die individuelle Zielerreichung sehen und sagen können: Ja, das schaffen wir gemeinsam.» Kempter-Imbach warnt Unternehmen vor der «falschen Hoffnung, das klappt dann schon irgendwie».
Der Mensch im Mittelpunkt
Entscheidend bei Samuel Banz ist auch das Engagement der Stiftung Brändi, ergänzt Logistikleiter Benedict Tschopp: «Jobcoach Priska Wyss ist für uns wichtig. Wir fühlen uns sehr gut betreut. Sie entlastet uns und gibt Sicherheit. Wenn wir uns auch noch um die Schule oder die Wohnsituation kümmern müssten, wäre der Aufwand für uns zu gross.» Die Zusammenarbeit erlebt die Imbach Logistik AG als positiv, weil alles unkompliziert und unbürokratisch läuft. Das ist CEO Christian Kempter-Imbach wichtig: «Es war wenig Administratives nötig. Im Zentrum stand immer der Mensch, Samuel Banz. Wenn jemand wie er etwas erreichen will, soll man ihm eine Chance geben. Wir alle haben mal diese Chance erhalten.»
Von Manuel Huber, Bilder: Fotosolar